Samstag, 30. Juni 2007

...

kempowski funktioniert wie praschl, es liest sich ähnlich, bloss beim praschl immer noch das wundern, dass der so gut schreiben kann, beim k. weiß man das ja schon. wo zum teufel steckt praschl?

nach paar tagen nur unterschiedlicher tagebuch-lektüre aus dem bücherschrank vorm einschlafen muss man sich vor der tagebuchschreiberei in acht nehmen, schon dieses datum/uhrzeitending ist so verlockend, weil der schreiber als mensch in der zeit und nicht mehr nur als text neben dir steht, eine art gespenst, das genau wie du auch irgendwas gemacht hat um "1/2 7". ich kann mich dann an den unterschieden wieder beruhigen, das gefühl eines anderen lebens, haben wir da eine seele oder ein seelchen, einen geist oder einen, der sein tagwerk so abzockert, wie das wohl ist, jemand ganz anders zu sein, obwohl man mit dem raumzeitkontinuum doch das hauptsächliche gemeinsam hat.

bei diesen ausführlichen chronologikern, wie großherrschaftlich dieser verzicht auf auswahl oder intimsphäre ist, das recht, alles zu sagen, der horror vacui, das faktengeplapper, dass die tage füllt und die sicht verstellt, oder nein, das ist ja das leben, das wissen wir ja. man wird zum geduldigen leser, der so mitliest und sich wundert oder freut und schweigt, innere position dabei zwischen einem [soso.] und dem respekt vor der kohärenz eines lebensentwurfs. im glücksfall eine scheue neugierde auf die person.

wobei scheue neugier jetzt eigentlich von woanders hierhinkommt, feels nicely: scheue neugier.

den tag dann nochmal so durchrollern vorm einschlafen, wie immer mehr getan als gedacht, aber die gedanken sind natürlich nicht frei im internet. man ist so zuhause im eigenen weblog, da wird man indiskret und plaudert plüschig oder auch mal betroffen (zwingendes beibild dabei: begossen), das geht natürlich gar nicht, zumindest von der wut bleibt ein mulmiges gefühl, und es ist dann auch egal, ob meine gefühle ein recht haben oder nicht, im karmakontingent zählt die indiskretion soviel wie die tat selber, oder nicht?

ich werde heute paar topflappen häkeln, ich alte betschwester.

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alex63 - 30. Juni, 20:40

neben holocaust die zweite filmserie über die nazizeit, die mich in meiner pubertät beeindruckt hat, war tadellöser & wolff. das war die innenperspektive von außen. will sagen, die perspektive von deutschen, die aber nicht in den naziterror verstrickt waren. im grunde der blickwinkel der meisten deutschen in der zeit. fand ich sehr instruktiv, man konnte sich sehr gut vorstellen wie es damals gewesen ist. das leben schien oft so erschreckend normal.

habe jetzt neulich das buch angefangen und muss sagen, dass ich etwas enttäuscht bin. zum einen sind das nur notizen, das ist kein zusammenhängender text. hat was dokumentarisches auch in der sprache, die oft ins platt oder in den damaligen jargon abdriftet. außerdem gibt es sehr viele personen, mit einem großen personal habe ich in büchern immer so meine probleme. ich habe die lektüre abgebrochen, das war mir zu sehr ein textsteinbruch, zu wenig geschichte. den film erinnere ich ganz anders. was hast Du denn gerade von ihm gelesen?

Casino - 1. Juli, 21:41

den film habe ich gar nicht gesehen, das buch finde ich großartig grade wegen der textform. hohe figurendichte in romanen hat etwas tröstliches immer, man kann sich umschauen soztusagen, wie auf großen partys. ich bin grade mit den tagebüchern beschäftigt u hab dann zwischendrin immer mal andere tagebücher gelsen, mann, den meinte ich mit dem "herrschaftlichen", diese unbearbeiteten sammlungen.
goncourt (Gast) - 1. Juli, 12:35

Ich könnte diese Zeitangaben eigentlich nur als Vorwand verstehen. Andererseits ist es die simpelste und vielleicht dünnste Sortierung für alles, oder die diskreteste.

Casino - 1. Juli, 21:45

ha, der mathematiker. aber "diskrete sortierung" triffts sehr schön.
goncourt (Gast) - 2. Juli, 12:03

Wirf mich doch bitte nicht mit unserem betrunkenen Butler in einen Topf, der spinnt ja total.
praschl - 10. Juli, 01:40

bin mal bei kempowski zu hause gewesen, interview zum ersten seiner echolotbände, militanzordnung dort, suppenterrinen, besteckklappern, trutzburggemütlichkeit und all so was, meine ich gar nicht böse, hinterher durchaus lobhudlerische rezension geschrieben, aber endete mit der frage: warum wozu das alles, nahm er mir entsetzlich übel, bis heute wahrscheinlich, hätt ich mir denken können, tut man ja nicht, aber weiß ich immer noch nicht, nicht bei mir, nie. dass ich gut schreiben kann, glauben immer nur die anderen, nicht ich, nie, alles dreck, verglichen mit denen, die schreiben konnten. so ist das nämlich, glaubt mir aber keiner.

Casino - 10. Juli, 21:21

hollahe. klar falsche frage, wahrscheinlich die einzig mögliche falsche frage.

und dein schreiben, nee, ja, aber. (das ist doch wie schönheit? keiner ist allein für sich schön, nicht über den winter und nicht bei der auswahl, aber dann kommen die anderen, die dein gesicht so sehen können wie es ist, unter den vielen, jeder kommt mit eigenem blick oder hunger oder eigenem weg und die können es sich anders nicht vorstellen. wollen die auch nicht. die objektwahl. das ist doch eines der schönen dinge bei this kind of affection, you know, vielleicht isses gar nicht mehr, es ist genug für ein fettes ja. echt, ich vermiss doch keine untotaltollen texte so! dann wär ich im falschen dampfer, seit jah–ren. und wenn alles daran anders wäre, dann wäre es zwar anders, aber dann wäre es anders.) deine texte sollten ans licht.


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