Mittwoch, 23. Mai 2007

(Eigentore)

Lieber Herr Lotties,

es nimmt mich nicht unbedingt für Ihre Schule ein, wenn sie meine Gründe gegen ihre Schule nicht zur Kenntnis nehmen, sondern mir Vorurteile gegen das Berlin "östlich der Prenzlauer Allee" unterstellen, und in der taz verkünden, wir (die Eltern, die ihre Kinder nicht an Ihre Schule im Ernst-Thälmann-Park schicken möchten) hätten den Park um ihre Schule niemals betreten aus Angst vor der SED, wir wären eine "Klientel" und wären "Durchreißer, die nach 22 Uhr mit ihren Kindern auf dem Schoß beim Prosecco über Schulpolitik diskutieren". Kann sein, dass Sie ein Problem mit der freien Entscheidung für oder gegen eine Schule haben, aber Ihr Beleidigtsein macht Ihre Schule nicht unbedingt sympathischer. Es klappt auch nicht mehr immer, die eigenen Vorurteile den anderen zu unterstellen, klar, dass sie die ruhigen, nicht medienerfahrenen Eltern vermissen, die Zustände und Obrigkeitsdenken einfach als gegeben hinnehmen. Tja, sorry, damit müssen Sie leben, die Zeiten haben sich geändert. Ich werde versuchen, nicht mit Ihnen als Schulleiter meiner Zwillinge leben zu müssen.

Als Hinweis nochmal die Gründe gegen Ihre Schule: ich habe, wie viele andere klagewillige Eltern auch, ein Geschwisterkind an einer anderen Schule.
Ich bin alleinerziehend.
Ich möchte meine Kinder nicht im Sport besonders gefördert wissen, weil der eine sowieso, der andere gar nicht sporbegeistert ist.
Ihre Schule ist nicht saniert.

Ach, und um 22.00 schlafen sowohl ich als auch meine drei Söhne, weil unser Leben anstrengend ist. Trotzdem trinke ich manchmal Prosecco, und Latte Macchiato auch.


Herzlichen Gruß.

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bov - 23. Mai, 17:32

Wie sehr geht es denn da wirklich um Schulpolitik, und wie sehr geht es darum, dass man seine West-Mittelklassekinder nicht mit den dummen Ostprolls in eine Schule geben will? Nicht bei Dir, aber doch vielleicht bei anderen der beteiligten Eltern. Der in der taz beschriebene grün krawattierte Mittvierziger: Muss man nicht vielleicht sogar froh sein, wenn man solchen Typen nicht auf dem Elternabend begegnen muss?

Casino - 23. Mai, 18:36

Aber es sind zwei Sachen, die man nicht verschmeißen darf: der deutliche, vorhersehbare und politisch ignorierte Mangel an nahen Grundschulplätzen, das Losverfahren auch unter den Kindern, die sonst einen hohen Platz auf der Anmeldeliste gehabt hätten wg. Geschwisterkindern oder Wohnort, die schleppende und verschlampte Renovierung der vorhandenen Schulen, dann wäre nämlich jede Schule gleich gut. Eine Seite.

Die andere ist die Meinungsfindung der Eltern, die man schon hinterfragen darf, die mal einer Massenhysterie gleicht, mal einen deutlichen Vorurteilscharakter hat. Wobei das soziale (nicht Ost/West, sondern Bildungsstand) Umfeld der anderen Kinder schon berechtige Relevanz hat, sag ich mal so, weil man sich über nette Miteltern freut mit den Jahren. Wenn Du in 4 Jahren bei der Schulwahl keinen Gedanken an die Peergroup von Queenie verschwendest, dann zahl ich dir, äh, einen richtig guten Prosecco.
Casino - 23. Mai, 18:49

Als Eltern besucht man die Tage der offenen Tür an den jeweiligen Schulen, es gibt sehr deutliche Qualitätsunterschiede, und diese Unterschiede liegen alle im Angebot der Schulen. Gute Gründe verselbständigen sich dann auch schon mal, aber es auf diese alten Grabenkämpfe zu reduzieren, nee. Hier im Prenzlauer Berg kommen eh fast alle Lehrerinnen und Erzieherinnen aus dem Osten, in Elias' Klasse sind nur ein Drittel der Eltern aus dem Westen, und und und. Das sind fast tote Ideologien, die werden nur zur Verschleierung reaktiviert, das hat mich so geärgert.

Dieses Gehacke unter den Eltern ist erwartbares Resultat der politischen Versäumnisse, wir Eltern müssen das jetzt alles untereinander austragen. Mit Regelbrüchen wie den Scheinanmeldungen genauso wie mit Klagewellen, mit Denunziationen genau wie den - vereinzelten -Rückzügen in die eigenen Vorurteile. Dumm gelaufen
paulanotes (Gast) - 23. Mai, 23:51

Willst du klagen? Ich kenn' da einige Eltern, denen es ähnlich geht mit genau dieser Schule.

Casino - 24. Mai, 09:52

Wie es aussieht, ja, aber es gibt keine Sicherheit, diese ***löcher machen nicht die geringste Bewegung. Pack.
Reptilienfonds - 24. Mai, 13:01

Politische Versäumnisse? Na ja, die gibt es ja sowieso und praktisch immer. Aber muss denn eigentlich die Politik den ganzen hippen Kollwitzplatzfetischisten auch die Schulen hinterm Hintern her bauen? Und wenn dann das nächste Viertel trendy ist, die Dinger wieder in die Luft sprengen und am nächsten Szenetreff wieder aufbauen?

bov - 24. Mai, 13:35

Naja, es hätte ja schon gereicht, bestehende Schulen nicht zu schließen. Jetzt müssen 5jährige stark befahrene Bundesstraßen überqueren, um in die Grundschule zu kommen (Schönhauser, Prenzlauer).
Reptilienfonds - 24. Mai, 13:58

Die wären dann bestimmt wieder nicht richtig nach Feng Shui ausgerichtet, oder die Akustik wäre in den alten Räumen nicht gut genug, um Farben hören zu können. Und in den westdeutschen Provinzen, aus denen Ihr gekrochen kamt, da müssen die Kinder ... na ja, lassen wir das. Genug gepöbelt für heute, muss noch einen Text schreiben.
Bin ja mal gespannt, wie die Lage sich hier im Wedding dereinst darstellen wird.
(Am Rande: das Geschwisterargument finde ich schon richtig)
bov - 24. Mai, 14:13

Naja (um noch einmal mit meiner liebsten Besänftigungsvokabel zu beginnen), da wär ich an Deiner Stelle auch gespannt. Aber keine Bange: Ich hab schon genug Eltern in Kreuzberg, Neukölln oder Wedding gesehen, die ganz kurz vor der Einschulung auf die Idee gekommen sind, dass es in Pankow oder Friedenau ja "eigentlich doch auch ganz schöne Ecken" gibt ;->
Reptilienfonds - 24. Mai, 14:14

Kommentar der Dame vom Jugendamt, die uns nach der Geburt besuchen kam: "Ach, Eltern wie Sie ziehen zur Einschulung ja sowieso wieder hier weg."
Casino - 24. Mai, 14:23

Das Reptil denkt bestimmt so ähnlich wie zuständigen Verwaltungsbeamten, manchmal glaubt man wirklich, das Schulamt hätte Gründe, den Bevölkerungswachstum zu ignorieren, obwohl sie sich einen so staubigen und einfach strukturierten 08/15- Sozialneid nicht erlauben dürfen - also tun sie lieber so, als gäbe es uns und unsere Kinder gar nicht, in der Hoffnung, wir würden wieder verschwinden. Eine Politik der Theorie. (Sagt eine gebürtige Berlinerin, die nach langen Jahren im Wedding und in Neukölln sehr froh ist, in einem schönen und sozial gut vernetzten Umfeld wohnen zu dürfen. Hier kriecht keiner.)
bov - 24. Mai, 14:26

Siehste. (Aber im Ernst: Ich kenne gar keine solche Eltern.)
Wieso kriegt Ihr Besuch vom Jugendamt? Verwechselst Du die Dame nicht vielleicht mit der Bezirksveterinärin?
bov - 24. Mai, 14:33

Ha, zu spät Frau Casinos Kommentar gesehen. Ich kenn ja doch solche Eltern!
Frau Casino: Der meint es nicht so. Der will bloß, hm, ach naja, eigentlich hat er die gleichen Ressentiments wie ich. (Bei mir ist ja das Doofe, dass ich, wenn ich es recht betrachte, gegen alle Leute voller Ressentiments bin. Ob das nun die Yuppies in Prenzlauer Berg sind oder die Türkenmacker in Wedding oder die stinkenden Säufer in Neukölln oder die Häuslesbauer in Falkensee: Eigentlich gruselt es mich vor allen, und eigentlich kann ich sie alle nicht leiden.)
Casino - 24. Mai, 14:38

ich find das super, ich wollte mal zurückpöbeln! du kannst das ja, ick muss noch üben. besonders den fengshui-teil find ich prima, den werd ich der sportlehrerin in der unrenovierten und schlecht beheizbaren sporthalle der einen schule, an die jetzt eins meiner kinder geht, mal erzählen, damit die sich auch freuen kann.

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