futilità

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der vater, der mir immer dieses spontane ja, oho, achje - gefühl verursacht, wenn ich ihm auf dem schulweg begegne, und der nach einem kleinen und total überraschendem flirt über schokoladenvorlieben an der supermarktkasse mich gar nicht mehr ansieht, sogar durch mein grüßen hindurchguckt, als wäre jede geste zuviel, jedes lächeln befrachtet mit dingen, die man dem lächeln nicht ansehen kann. manchmal paranoide sorge, dass mein single-dasein mir in riesigen warnbuchstaben irgendwo dranklebt, wo ich es nicht sehen kann. oder es ist bloss der normale restringierte code bei hiesigen gesellschaftlichen kontakten, die angst vor assoziativem, vor möglichkeiten und bildern, die nicht feststehen, die nichts bedeuten, das soziale kein klangteppich mit dichtem feingewebtem flor, mit farben, figuren und mit einem haufen reiner freude vor allem, sondern eine hängebrücke mit abgrund li und re. immer nur von haustür zu haustür, keine fehltritte, ach daher tragen die alle immer turnschuhe! hey, was weiß denn ich. bin etwas gelangweilt.

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der weg in den herbst führt mitten durch schokolade. die letzten tage ohne die kinder waren voll mit aufsteigenden schmutzigen blasen, die ich nicht haben wollte, die in die nächsten monate aber nicht mehr hineinpassen werden, trauer, müdigkeit, mürber grauer kram, den man einbauen sollen könnte müssen wird in den hektischen alltag, bisschen heiße wut über meinen ort in der geschichte, ein nichtort, den ich nicht mag grade, es ist ein platz der reaktion und organisation, in dem jeder morgen mit himbeermarmelade mit einem großen weggucken bezahlt werden muss, in dem es keine blicke gibt und kein schweigen und eigentlich auch kein erkennen, ach, da könnte man ja auch rauchen wieder, oder nicht, denke ich, aber es schmeckt nicht mehr richtig, und das ärgert mich, alles mehrschichtig und übertüncht, und dieses diamantharte winzige jetzt, das wie ein käfer auf dem rücken liegt und kräfte saugt, zu nichts nutze, immer schon vorbei, vertan, und (...)

nichts passiert von alleine, glauben sie mir das mal so, und außerdem zahlt man für jede erbse, und der gewinn hängt am horizont, far away, hauptsache woanders und nicht hier, und andere leute beschreiben ihn, natürlich freu ich mich dann zb über herbstmelancholie bald in den ganzen weblogs, die sätze mit blättern und kühle und dem gekippten licht, aber es ist so vollkommen egal hier, wieviel kälter der herbst wird, ich fürchte die tage nur in ihrer nackten zeitqualität, ihrer fülle an minuten und gnadenlosen linearität, die kinderlogistik, die unsicherheiten bei jobs und menschen, die müdigkeit, das verdammte alleinsein, die ganze verantwortung im umgang mit den söhnen, das ewige immer zuhören und verstehen, jede regung muss man verstehen immer, obwohl man ja so manchmal doch lieber laut schreien, aber wozu, und die irre rezeptionsfläche, die ich bieten muss, die tonnen bedürfnisse, in denen meine nicht sichtbar sein werden, in die ich meine einmimetisieren werde, eine gute pasta, heyklar, sowas reicht mir, ein whísky, ein text, ein abend mit freunden, mehr brauch ich nicht, es hat 10 tage gedauert, um das ans licht zu lassen (naja und eine kleine unterzuckerung, die macht auch immer durchlässig), jetzt sitz ich hier und muss den scheiß auch noch feiern, finally me, bevor das wieder wegrutscht, in freundliches auskommen, in gespräche über dinge, witze und oddio, dabei geht es um (...)

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massagen, empfiehlt mein onkel h. er ist mein einziger männlicher onkel, wir haben einen gemeinsamen urgroßvater, und spricht wie der ganze familienzweig mit dem leicht verzögernden, punktierten rhythmus der siebenbürger sachsen. er hat sich in seinem leben so eine etwas verträumte eigenständigkeit bewahrt, in seinem zugang zum zeitgeschehen hat er noch immer, nach 20 jahren in bayern, den standpunkt eines emigranten, alles wirkt sonderbar, wenn er es beschreibt. in jedem unserer seltenen gespräche geht es nach dem aggiornamento irgendwann um unsere beziehungswelten, wie fast alle mitglieder unserer familie sind wir so eine art "eigentlich"- singles, und da gibt es ja immer etwas zu erzählen, auch wenn, wie meistens, nichts passiert. h. redet dabei nach einigen klagen über seine nachlassende attraktivität ("ich muss mir jetzt was anderes einfallen lassen, und reich bin ich ja auch nicht") sehr gerne über sex, seine ansichten dabei sind von einer kindlichen unversehrtheit, aber sein erfahrungsschatz ist überraschend reich und vielseitig. "ja, männer und frauen ..." pflegt er langsam und genüsslich zu sagen, "das ist nicht einfach in deutschland". onkel h. lebt seit einiger zeit in einer fernbeziehung und überwindet die langen phasen der einsamkeit diesmal mithilfe von massagen, "ja, es funktioniert, sogar eigentlich besser als gespräche, das solltest du dir mal gönnen, eine ganzkörpermassage, da musst du dir dann einen masseur suchen, da muss man sich auch nicht ganz ausziehen." ich melde zweifel an, ob er da nicht was durcheinanderbringt mit seinen bedürfnissen, aber nein, verspannungen habe man ja sowieso immer, aber die hände einer frau würden ihm als mann "einfach guttun." es folgen erzählungen über die vielen versuche, jemanden zu finden, der sein handwerk beherrscht, eine teure suche scheint das zu sein, und eine zeitintensive. ich bleibe eher reserviert am telefon (vor allem, weil er sonst beim nächsten gespräch, mit seiner großen neugierde, der ich nie vollkommen vertraue, alles genauestens wird wissen wollen), und denke bloss den freundlichen familiären standartseufzer beim onkel h.

aber je länger ich darüber nachdenke, desto besser gefällt mir die vorstellung, mal wieder angefasst zu werden, noch dazu auf produktive weise angefasst zu werden. hat jemand vielleicht eine empfehlung für mich? um zeit zu sparen? also in berlin.

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Il fiore che ripete
dall' orlo del burrato
non scordarti di me,
non ha tinte più liete né più chiare
dello spazio gettato tra me e te.

(Montale, Le occasioni, Mottetti)

es gibt ja bei abschieden so eine eigendynamik, sie sich im rituellen erschöpft und damit die gefühle bindet, für eine weile, es ist ja nicht der erste abschied gewesen, und sie beruhigen mich immer wegen ihrer menge, das viele bekannte vs das unbekannte, das nicht passiert ist. dann, nach 6 wochen, löst sich dieses konglomerat, und einzelne klare erinnerungen sind plötzlich im weg, als wimper im auge, ein blick, situationen, dein haar, irgendwelche details. ich erinnere mich zb an die unsicherheit immer wieder, und ich weiß nicht mehr genau, woher die kam, war sie eine art firnis, über den wahrheiten, die natürlich auch nichts verändert haben, oder das wissen darüber, das es nicht hätte gehen können, sowieso nicht. wie wenig oberfläche es gibt für das ganze vielköpfige innenleben immer. not that it matters. denken, dass verarbeitung genau so und nicht anders funktioniert, als vorsichtige aneignung von erinnertem, mit leeren stellen.

(im sand sitzen, mit steinchen spielen)

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be of love(a little)
More careful
Than of everything

in alten fotos langsam nicht mehr die veränderungen sehen, sondern sich und andere wiedererkennen, weil man nach dem ganzen salat blick und lächeln von damals wiederfinden kann, von all den dingen gehen die gesichtsausdrücke ja am wenigsten verloren, die gefühle werden brüchiger und vielleicht auch zerstreuter in ihrem ballett zwischen indikativ und konjunktiv, aber natürlich bleibt der kern derselbe, in schönheit, wenn man klar geblieben ist über die jahre. es ändert sich tatsächlich nicht so viel, das meiste bleibt, eine erkenntnis, es gibt eine art faltenfreien sperrbezirk.

dieses bei sich sein ist schöner in den armen von jemandem, und leichter auszuhalten, hey, das hatte ich total vergessen über die jahre. hier, neulich mal wieder, in der nacht, im licht der stadt. wie immer bringt die liebe außer der liebe noch andere sachen ans licht, egal in welcher komplexen und vergänglichen form sie sich niederlässt, es gibt ja den moment, wo man wieder nur mensch ist (als mann und frau) und die möglichkeiten begreift in ihrer betörenden intensität, die klare kraft vom rausch als kommunikation und reichtum, und nicht als verlust. es geht natürlich sonst nie und nirgends um diese dinge, und auch in der nacht nur kurz, das wissen wir alle, aber es ist uns passiert, wir haben es erkannt und uns gefreut.

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benötigte aufräumauszeit inzwischen: 4 tage, einer davon nur für innere sammlung (die äußere unordnung schafft sich ja neue strukturen, so fangen blätterstapel irgendwann an, sich nach größe zu sortieren, dunkle sachen sammeln sich im dunklen, die unordnung bringt muster, an die das hirn sich sofort gewöhnt, in dankbarkeit, sie vereint die dinge im chaos, deren existenzen sonst ohne kontakt nebeneinanderher verlaufen wären, und staub zu staub.) und dann der eine abendliche müde handgriff auf den boden, um einen schuh zurückzubringen zu den anderen schuhen.

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noch immer ab und zu thick as a brick im hintergrund, obwohl das wiederfinden schon paar tage her ist, die zeitreise, auf die so ein olles stück einen nimmt. (ist kein anfangsethos, das ist auch in der persönlichen geschichtsschreibung kaum haltbar, das weitermachen war wichtiger als das anfangen, alles war schon so unterwegs, so entschieden, eingebunden in machtvolle systeme, die ja oder neins erforderten. das ist es vielleicht, wo man immer scheitert beim gelegentlichen rekapitulieren, beim zusammenbringen von ursache und wirkung, entwicklung und ergebnis. oder beim anblick einiger alter fotos: willensfreiheit und frisur)

und ob es einen unveränderlich trägen teil im ich gibt, der für musik zuständig ist, und vielleicht noch für parfüm und küsse und essen, die körper-seele-sachen. trifft dann immer nur ein paar ausgewählte nervenbahnen, und die bleiben von entwicklung und erfahrung getrennt, wie ein öltropfen im wasser.

die mühe pragmatischer entscheidungen, wie sehr der rest immer mitentscheiden will.

good morning

heut morgen trompeten, als erstes, dann gekicher, die ganze erste strophe lang nicht gewusst, was genau gerade passiert, und ob nicht einfach berlin im hier und jetzt der richtige ort oder moment oder was immer für einen derartigen triumph des pathos über die nüchternheit sei. dann haben die monster das wieder ausgemacht, ich hatte ein paar schnell vorüberziehende gedanken über meinen musikalischen bildungsauftrag, also die gefahr von kitsch in der gefühlsbildung, ganz allgemein gesprochen, aber der ist ja unvermeidlich überall, da müssen die durch, warum nicht durch die mitte durch, also mit feuchten augen durch die mitte, der erfahrungshorizont als bild vom sonnenuntergang, das meine ich, was ich aber erzählen wollte, war das blitzen von schönheit heut früh, dass ich auch gehört habe im kitsch, der ja nur als mittel und zweck böse ist, der ein zutiefst harmloses und zweckfreies ende hat, ein geheimes fensterchen in die vorironische zeit.

die zwillinge sitzen gerade, wann immer sie dürfen, mit großen leuchtenden augen vor diesen unglaublichen you-tube-stücken, orgeln, sonnenuntergänge, geschmetter, sie lächeln dabei. wie kann man eindimensionalität vermitteln, wenn die sich so freuen dadrüber, hach, ist das wieder egal alles im großen rahmen, kennen sie das, wenn man manchmal an details herumzwirbelt, das ist wie grundlos liegestützen machen und dabei merken: man kommt bis höhe ellenbogen. he, ich bin noch nicht ausgeschlafen. mehr kopfhörer verschenken.

Ehre

[...] C'è sempre il punto anche se impercettibile
per il quale si può senza sprecarla
usare una parola come onore. [...]
[...] Il fatto è
che l'onore ci appare quando è impossibile,
quando somiglia come due goccie d'acqua
al suo gemello, la vergogna. Un lampo
tra due confini non territoriali,
una luce che abbuia tutto il resto
questo è l'onore che non abbiamo avuto
perchè la luce non è fatta solo
per gli occhi. [...]

(L'onore, Montale, Quaderno di quattro anni)
([...] Es gibt immer den Punkt, möge er auch unwahrnehmbar sein/ für den man, ohne es zu verschwenden/ ein Wort wie Ehre benutzen kann. [...]
[...]Es ist Tatsache/ dass die Ehre uns erscheint wenn es unmöglich ist,/ wenn sie wie zwei Wassertropfen/ ihrem Zwilling ähnelt, der Scham. Ein Blitz/ zwischen zwei nicht territorialen Grenzen,/ ein Licht, das den ganzen Rest verdunkelt/ das ist die Ehre die wir nicht gehabt haben/ weil das Licht nicht nur gemacht ist/ für die Augen. [...]) (dtsch nur hingeschludert)

Tröstlicher Gedanke, die Nähe der beiden, das Flattern, das Kleine, heutzutage das nicht mehr öffentliche oder selbstverständliche (Außen-Innenansicht, es gibt nur noch die Innenansicht), es ist ein Gefühl geworden und kein Gut mehr, keine Währung. Es muss klein anfangen wie der ganze Rest an Lebensweisheit.

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manchmal funktioniert keine lyrik, you know, keine zitate, nichts vorgekautes. es gibt nur diesen punkt, den stillstand. es nicht klar, ob es ein moment der klärung wird, oder einfach eine katastrophe bleibt.

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