Das Gute an Dachterassen
Heute auf einer Terasse gegessen, kurz vor der Kuppe des Prenzlauer Berges, mit Breitseite auf all die traurig wenigen markanten Berliner Dächer von Alexturm-Nikolaikirche-Dom-Forumhotel-Sophienkirche-Synagoge. Vor der Sophienkirche stand ein hoher dichter Baum und über dem Baum war die Wetterscheide: links schönstes tiefes klares Ultramarin, rechts schwarzgraues, dreidimensionales, kein Himmmel, sondern ein Gewitter. Wir standen nebeneinander mit unseren Weißweingläsern, unsere Stimmen sehr markant und klar, eine Totenstille, ein Vogelschwarm bewegte sich sehr schnell über den Horizont und machte dabei exakt denselben scharfkantigen Eindruck wie der Fischschwarm in Findet Nemo und verschwand dann wieder zwischen den Häusern. Wir reden und trinken und gucken nur deswegen immer wieder zum Gewitter, weil es so lautlos stattfindet. Kein Donner, kein Grollen, nichts, nur die Blitze auf ganzer Horizontbreite, dicke Blitze, die zögernd aus den Wolken kommen, einmal zucken, den Boden erreichen und verschwinden, wie Flamingobeine, die dann lieber wieder hochgezogen werden. Ich kenne das leise knirschende Sirren, mit dem ein wirklicher Bergdonner anfängt, bevor er über einen hinwegzieht wie eine himmlische sehr große Bowlingkugel, und heute war sogar der aufkommende Wind vollkommen diskret, bog dabei aber die Bäume in einen sauberen 45°-Winkel. Die Blitze schlugen dann horizontal über den Himmel, mit vielen Verzweigungen und so groß wie Charlottenburg, das war der Moment, als alle fotografieren wollten und keiner eine schnelle Digitalknipse hatte. Und natürlich werde ich es nur deshalb nicht vergessen, das Gewitter, weil ich es mir notieren musste.
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