ich geh da jetzt für immer hin

In 10 Tagen mehr Sonne als sonst in einem italienischen Sommer, eine blendende Sonnne, die um 11 Uhr abends mitten durch die Windschutzscheibe fällt und das neue Land erst mal wieder unsichtbar macht.

Zu Erian und Ingrid kommen jedes zweite Jahr zwischen 60 und 100 Menschen zu einer 4tägigen Mittsommerparty, aus Schweden, Norwegen, Frankreich und Dänemark und Deutschland. Die beiden haben sich vor 5 Jahren eine alte Dorfschule gekauft, ein riesiges Haus mit vielen Zimmern in der südschwedischen Pampa. Der Besuch zeltet im großen Garten und bringt die Getränke mit, die Gastgeber besorgen das Essen. Gegessen wird an langen Biergartenbänken, die es in Schweden nicht gibt und die ein deutscher Gast vor Jahren mal im Anhänger mitgebracht hat, ach ja, und zum Frühstück backt ein Mensch mit blondem Afrolook jeden Tag wunderbare duftende Brote für alle, 8 oder 9 Laiber pro Morgen. Das ist doch was, in Schweden.

Dauernd Gespräche über Texte und Kunstwerke, von denen ich nie gehört habe. Eine Norwegerin, japanisch aussehend, erzählt von einem Vorwort, das sie gerade schreibt, und sie nennt den Autor trotz Nachfragen nicht, er sei vollkommen unbekannt im Ausland da nicht übersetzt.

Um drei Uhr morgens, Sonnenaufgangszeit, bin ich nach zwei Stunden sehr wildem Tanzen und Vodkatrinken in ein Gespräch mit 2 Norwegern geraten, der eine ein echter Hippie mit Langhaar und tütigen Klamotten, der andere ein stiller und trauriger Mensch. Der ruhige arbeitet in der oil industry, der andere ist Musiker. Als ich dazukomme, wechseln sie mitten im Satz zu Englisch und legen in weiten Amplituden die norwegische Umweltpolitik dar, beide von gegenüberliegenden Seiten, aber völlig frei von Fundamentalismus, beharrlich und entspannt, ungerührt vom Partychaos drumrum. You see, nature is different in norway, sagt mir der eine, aber ich stehe schnell wieder auf und gehe weiter tanzen, und noch während ich an ihnen vorbeilaufe, wechseln sie wieder ins Norwegische.

An einem anderen Abend sitzen fast alle Erwachsenen, ca. 50 Leute, um eine Feuerstelle und singen eine nicht enden wollende Reihe von schönen, wilden oder traurigen, alten und neueren vielstrophigen Liedern, in bester Laune und mehrstimmig. Wir Deutschen sitzen in einer kleineren Gruppe dabei und merken mal wieder das wir das nicht haben. Singen macht Spass. Als es schon hell wird, fällt einer norwegischen Pianistin ein französisches Lied ein, vielleicht 15.Jh., wir üben die Stimmen und kriegen einen ganz hübschen Choral hin, alles mit warmem Bier und kalten Füßen.

Lauter Norweger, meine ersten überhaupt, was sicher an mir liegt. Dunkelhaarig, blauäugig, Plaudertaschen mit sehr alten Autos und Motorrädern (eine BMW von 1938, und eine wunderschöne alte Triumph) und erstaunlicher Trinkfestigkeit. Einer stand morgens um 8 vor meinem Zelt und sang der Hahn ist tot, und freute sich, das ihm doch noch ein deutsches Lied eingefallen ist.

Am letzten Abend noch Peer, ein dünner Mann mit einem Volvo und einem Hut aus den Fünfzigern, der mich in fast allem an einen Berliner Freund erinnert, den ich für absolut einzigartig gehalten habe. Gleiche Geschwindigkeit, das gleiche wunderbare Partikulärwissen über Nebenstranggeschichten, die Neugierde, und er hopst vor Begeisterung, wenn ihm etwas gefällt, genau wie slowtiger.

Wie man mit Fremden wunderbar ausrasten kann beim Tanzen, plötzlich wieder über nicht ausgehende Kraft verfügend, hohe Sprünge, direkt am Motor des Lebens hängend, einmal wieder Kurbelwelle sein, federnd und zielsicher herumspringend oder federleicht und verspielt der Musik folgend. Im Kreise der Lieben, weil meine Kinder wie die Kinder dieser ganzen Leute einige Dutzend Meter weiter in den Zelten schlafen.

Dann weiter nach Dänemark, wo zwei andere Freunde sich ein Haus auf der Insel Fejø gekauft haben. Eine perfekte Insel, 600 Einwohner, Meer, Sand und Versteinerungen, mit einem Polizisten, der nur jeden zweiten Dienstag kommt, und dann bei Fleming vorbeischaut, weil der schwarzbrennt. Und ich habe jetzt einen kleinen schiefen versteinerten Seeigel im Haus und damit etwas, das noch einige Millionen Jahre älter ist als das Buch von 15irgendwas, das bisher bei mir für die Ewigkeit einstand.

In Häusern gewesen also bin ich mal wieder, neu bezogenen Häusern, mit noch langer eigener Geschichte, die letzten beiden so billig, das sie jeweils mit Arbeitslosenhilfe finanziert werden könnten, und die neuen Besitzer erzählen jeweils anekdotenreiche Wege zu genau diesen Häusern, in denen viele Einzelteile der Biographien plötzlich passen, sichtbar werden, verbunden sind, die losen Enden wie von selbst zur Ruhe gebracht.

ps: Habe die Kinder extra vor einen Film gesetzt (schickiwan=chicken run), um das hier endlich mal schreiben zu können, aber die ganzen Fotos wollen nicht so, wie ich das will. Ich lern das irgendwann auch nochmal.

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