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don'ts: jemanden, der am frühen morgen mit mehreren frisch kennengelernten zusammensteht, mit den worten: jo mei, du hast aber echt gefeiert gestern, gell? das sieht man aber! gell? lautstark begrüßen, besonders wenn dieser jemand als erste wg müdigkeit umgefallen ist am abend davor. bayerische luft ist zwar ungeheuer gsund, aber sie macht einen nicht schöner.

(familienfest mit dem bösen geist meiner familie, der sich seit 30 jahren alles erlauben darf und dafür von allen mit so einer samtenen nachgiebigkeit überhört wird. der sitzt am tisch und schimpft stundenlang vor sich hin. aber er ist eigentlich ganz lieb, das eigentliche immer, die eigentlich-lieben.)

der spass am schlechten wetter, die verpuppungsphase im herbst, ich verschwinde als frau aus dem strassendiskurs, man wird zum kommentar, aber hey, ich als kommentar hab ne max-mara-mützen/schal-kombi.

aber is ja noch zeit bis denne. luxusgedanken, das wetter, pff. dazu der wunsch nach allgemeiner überschaubarkeit, ich möchte eigentlich 2/3 meiner sachen loswerden grade und den rest in ein per hüftschwung steuerbares schubladensystem sortieren, ich möchte alles sortieren können. und ich habe duftteekerzen gekauft, orange.

wegwerfgesellschaft? find ich super.

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Nicht immer an den Preis denken.

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Herbstvorhaben. Halsalterung allein mit Kopfhaltung beheben, dabei nicht naseweis aussehen, Lichttanken, physische mit metaphysischer Zeitwahrnehmung ein einziges Mal in Einklang bringen, Schönheit im Detail belassen, einmal laut brüllen wg. schöner Blätterfarben, weniger Komplimente machen, Nuancen als etwas radikales erleben, Haare vom Wind verwirbeln lassen, Steinpilzrisotto mit echter Rindsbrühe machen, graue Haare wegfärben, die erste Zeile eines Klavierkonzertes einüben, Erwachsene küssen, Bilder umhängen, ein Augenmerk auf etwas Nebensächliches haben.

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denke immer wieder an das pippilotti-rist video, wo eine frühlingshafte junge dame zu verträumter musik über einen bürgersteig hüpft und alle paar meter so etwas wie eine lange hölzerne fruchtdolde durch das glas eines autofensters donnert: klirr, splitter, in zeitlupe und mit einem sehr schönen lächeln, grade mal wieder ganz hinten links im hamburger bahnhof zu sehen. wir sassen neulich lange, über ne viertelstunde, auf großen kissen vor diesem film, die kinder und ich, die jungs empört, wieso darf die das? das ist verboten!, ich immer den schwung antizipierend, innerlich selber tanzend, klirr!, und jeder von uns wollte immer noch ein fenster kaputtgehen sehen, aus vielleicht gar nicht mal so unterschiedlichen gründen.

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Extra für Malo ein Konzert mit mehreren Klavieren, allerdings wird diesmal nicht gleichzeitig auf ihnen gespielt, sorry!, aber im Pianosalon in der Senefelder Str. 30A stehen sogar mehr als zwei spielbare und immer ein paar zerlegte Flügel für die Konzerte. An diesem Samstag um 20 Uhr spielt Madalina Pasol dort Beethoven, Schumann und Rachmaninoff. Es gibt nicht soo viele Plätze, weil es sich herumgesprochen hat, und weil außer der Musik noch Wein angeboten wird, also kommt lieber ein paar Minuten zu früh.

geschmackszauber

Wir brauchen jetzt ganz schnell einen Spruch für grünes Essen, Moment, sage ich und blättere konzentriert (Blick und Augenbrauen) im Buch "Afrodisia", von Frau Allende, einem Werk mit kurzen Rezepten und langen Texten. Ich habe noch nie was daraus gekocht, aber es ist auf italienisch und hat das passende Stilleben auf dem Schutzumschlag, mit Obst, Kupfertöpfen und altmodischer Farbgebung. Es hat wie jedes italienische Kochbuch natürlich auch ein paar grüne Rezepte, ich stehe dann auf, mache mich groß vor meinem Suppenkasper-Sohn und lese etwa im Tonfall für
Now is the winter of our discontent
Made glorious summer by this sun of York
den dort stehenden Satz vor, in dem von der umfassenden Anwendbarkeit der Salsa Verde für Fleischreste geschwärmt wird.

Das Kind hat schon beim Blättern aufgehört zu weinen und guckt jetzt relativ interessiert auf sein Essen. Nach dem Lesen schließe ich das Buch, als wäre es ein Tresor, und stelle es ins Kochbuchregal zurück, sage ernst: "Jetzt iss!" zum Kind, dass lammfromm die Gabel in die Hand nimmt und seine pasta mit pesto ohne weiteren Kommentar verputzt.

(Es wirkt. Das ist ja wohl mal die Hauptsache. Man sollte unbedingt ein Rezept in der richtigen Farbe vorlesen, aus Respekt vor der Abneigung des Kindes, und vielleicht nicht häufiger als einmal alle paar Wochen zaubern, aber selbst der 7-jährige ist sich noch nicht vollkommen sicher, ob es ein Trick ist.)

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mit mutter in der teufel trägt prada, wir beide zu-fäl-lig mit ollen abgelatschten prada-tretern an den füssen. der film ist lustig, bisschen anrührend, meryl streep sehr großartig, und die hathaway-figur ("gabbana? wie schreibt man das? hallo?") ist auch süß, einzig die filmklamotten hätten einen tick weniger modestreckenmässig sein sollen, oder tragen solche damen in echt chanel auf der strasse, ist aber auch nicht wichtig. viel mehr beschäftigt hat mich die kassiererin unten, die eine lange schlange hindurch die ganze zeit geweint hat, eine träne nach der anderen, ohne eine miene zu verziehen.

ja.

Leuchtende Tage im Herbst. Die Dinge
sind unter sich und kein Wort bewegt sie. Es scheint
gut zu gehen mit der Stille, die Gedanken                  
machen Sein und Scheinen unter sich aus.
(Meckel)


Es gibt Neins, die stehen im Raum, sie hängen dort fest und noch immer anmutig, seit biblischen Zeiten, seit Jahren zumindest (die Blicke, ihre Sicherheit, das sind nur kleine schöne Irrlichter, you know, aus einem anderen Leben) die kann ich anlächeln und mich auf sie stützen im Vertrauen, es sind warme Steine, die kein Mensch bewegen will, seriously. Man kann, man muss bauen auf sie.

mondays.

Ein überaus extrem stressiger Tag, an dem jede Ampel rot, jede Baustelle vor mir, an dem ich sogar noch Leute vorgelassen hatte. Der Tag brachte mich dazu, meine neue Flasche Macallan in einem Einkaufswagen im Real-Markt zu vergessen. Ich hab sie dort sträflich verlassen, liegengelassen, sie ist in einem trostlosen Parkhaus komplett aus meiner Wahrnehmung gefallen, weil zuviel schon drin wahr, weil es sowieso schon keinen Weg gab, alles in diesem Montag unterzubringen. Und der Macallan wird jetzt von irgend so einem Weddinger Spacken ausgetrunken werden, der sich sonst mit Bier, Eistee oder Cola in anderthalb-Liter -Flaschen vergnügt, der wird es ja nicht mal bemerken, was er da trinkt. Dieser wunderbare 12 Jahre alte single malt in der Farbe von hellem Eichenholz, und ich brauche eh immer schon ein paar Wochen, bis ich überhaupt soweit bin, den nachzukaufen, weil er eben doch ein Sümmchen kostet, ach, Scheißtag, da tröstet nichts. Trauer.

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Wenn man mit zwei lauthals ginglebells singenden Kindern in einen kinderhaltigen Menschenauflauf gerät (Geldautomat), dann kann man sicher sein, das der Haufen später das Lied in jede verfügbare Richtung weiterträgt, so ab unter einem Meter. Das Lied ist unglaublich klebrig.

3 runden theater

das spektakel hat sich sehr gelohnt, nach dem bisschen zu amüsanten ibsen hatte ich einen brinkmann in einem brinkmannzimmer, ein schön monologisiertes langes gedicht mit musik, und mit einem arg dünnen halbafghanen, der sich mal hier, mal dort vor unseren füßen niederließ, der wohnt da wohl sonst.

mein nachbar fragte mich danach DIE don't-Frage überhaupt nach lyrik: "und? was hat uns das jetzt gesagt?", so eine bürschchenfrage, und ich war wie absolut immer einfach zu höflich, andrerseits durfte man viel herumlaufen durch den abend und hatte einfach eine große chance für fragen und den beginn von gesprächen. ich hab dem versichert, er müsse brinkmann kennen, als er mir sagte: "oh dann hab ich also jetzt was gelernt, den muß man also kennen, den brinkmann", alle glücklich.

in der letzten schicht hab ich noch einen wunderbaren schleef-monolog aus einem baukran gehört, das haus, gespielt und souverän in die nacht gebrüllt von andreas leupold. an dessen ende erklangen dann noch plötzlich die ersten takte einer lieblingskantate, bwv 82, ich musste dann sofort herumhüpfen und hocherfreut "ich habe genug, ich habe genug" zischeln, das wiederum war vielleicht doch nicht so höflich wie immer, ein geben und nehmen ist es im theater. leider nicht gut gesungen, der junge herr mit der schönen sonnenbrille war mit dem offenen hof bisschen überfordert.

die freunde empfehlen noch der starke stamm von fleisser und das andere schleef-stück, auch der werther soll fein sein, mit fritzi haberlandt. herr petras war ganz offensichtlich ein guter fang für das gorki-theater, jetzt haben wir noch eine bühne in berlin, geht mal hin, es gibt noch restkarten für dienstag.

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(nachts dann noch in der kantine des gorki-theaters, das ja ab sofort wieder ein richtiges theater ist, einen typen beim flirten beobachtet, der hat praktisch ununterbrochen allein geredet und als ausgleich seine augenbrauen dabei immer herumgehoben wie eine balancierstange, halunkengymnastik, seine haut dünn und fest wie die haut auf heißem pudding, eitel wie ein wiedehopf. vollkommen irre. daran gedacht, dass ich schauspieler wirklich nicht so mag, dieser ganze platz, den die immer brauchen, aber es ist natürlich beruhigend, dass die so gut funktionieren, ihr eigennutz wie ein fels in der brandung. im zweifel würd ich lieber mit einem regisseur schlafen.)

lamentela

also, der TANGO, wie konnte ich nur ohne? wißt ihr, was man alles tanzen kann, sicher in der musik und in armen, und dann den rücken heben in den freiraum hinein, ein ganz klein wenig, eigentlich nur in gedanken, aber der mann bekommt es mit und gibt mich frei in diese kleine mitte, immer ein volt vor dem takt, ta-ta-ta-ta läuft man übers parkett, die ganzen vielen schritte werden geradeaus hineingetanzt in die milonga, lauter glatte schnörkel, oder auch spöttische, du willst uns schnell, milonga, morgens um 3? ha, da hält mich die hand im rücken, ein lachen, paar synkopen ganz still stehen, in spannung und mit heißem atem, die einspielung unterlaufen, aber nur kurz, obwohl ich immer gar nicht weiß, ab wo es schritte sind, also nicht mehr hand oder rücken oder so, der übergang intention in bewegung ist ein nervending der körper untereinand.

atmen und gehen, mehr ist das nicht mit dem tango, der ist eine sprache eben, und man kann sie tanzen, der mann wiegt seine arme manchmal ganz ein bisschen, das ist ein metawiegen, ein kommentar, und und genialerweise kann man die augen zumachen dabei.

sie tanzen anders heute, sagt mein tänzer, den ich auch seit 7 jahren nicht gesehen habe, schau sie dir an, sie schwitzen, es ist immer noch ein dritter dabei, ein zuschauer, und richtig fliegen die beine der damen hoch um ihre knie herum, es sieht aus wie der bewegungswirbel im comic, das mag ich nicht mehr so, sagt er, ich will die frau spüren beim tanzen, und das ist natürlich auch scharmant, weil das gewirbel, also das krieg ich nun wirklich nicht hin so aus dem nichts.

(die begeisterung noch tatsächlich aufgeschrieben und nicht nur gedacht, jetzt grad nur das betrunkene rausgestrichen, aber es ist natürlich wie jeder gute zustand eine ja/nein-geschichte, schwörst beschreibbar. man steckt in einer ganz mühelosen dynamik, die einen musikalischen Raum durchmessen kann, wortwörtlich, mit schritten, und ihn dabei vollkommen erfasst. das ist, wie man sich vielleicht vorstellen kann, eigentlich ist das glück.)

"un conto aperto? di parole?"

Beim Zeithaben gerade wiedergefunden, ein erstklassiger autopoietischer Herbsttext, 1974 bei Scheiwiller in Mailand erschienen, bestimmt in einem dieser dickpapierigen Büchlein, unaufgeschnitten, man musste zunächst ein Obstmesser schärfen dafür. Er heißt Un Posto Di Vacanza. Erstklassig? Wunderbar meinte ich, so sorry.

Das ist außerdem eines meiner Lieblingsgedichte von Vittorio Sereni, umfänglich, abschüssig, und ich mag darin auch den eleganten und selbstverständlichen Respekt vor der offenen See ("– il mare incanutito in un' ora/ ritrova in un ora la sua gioventú –"). So eine Positionsbestimmung zwischen Autor und Leben, voller Situationen, die er erzählen könnte, wenn er es wollte, aber Non scriverò questa storia, sagt er, und läßt es.

So fängt es an:
Un giorno a più livelli, d' alta marea
– o nella sola sfera del celeste.
Un giorno concavo che è prima di esistere
sul rovescio dell' estate la chiave dell' estate.
Di sole spoglie estive ma trionfali.
Così scompaiono giorno e chiave
nel fiotto come di fosforo
della cosa che sprofonda in mare.
Der Mondadori-Band, aus dem ich das hab, ist voll mit Anmerkungen und einer Bleistiftschrift, die mal meine war, regelmässiger und lesbarer als die heutige, ich hatte noch keinen Computer damals, es gab bestimmt noch gar keine Computer damals. Lustigerweise habe ich Sereni, den Lyriker des Lago Maggiore, er kommt aus der Seestadt Luino, erst während eines Gastsemesters in Parma kennengelernt, umgeben von Schnepfen und Parkstudentinnen waren wir 3 Stipendiaten damals bei den Profs schon deswegen beliebt, weil wir uns die ganze Lyrik zu Herzen nahmen und sie mit einer gewissen Leidenschaft tatsächlich lasen. Für mich war Sereni nach 2 Jahren Deutschland ein echter Homerun, ich wußte, wovon der sprach, ich kannte die ganzen Pässe und Berge in diesen Texten, es war eine Offenbarung nach den ganzen Rilke-Brecht-Bachmann- Proseminaren an deutschen Unis.

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Zumindest die Sache mit den Riesen ist fast geklärt:
„Riesen gibt es nicht mehr, weil welche von denen haben ganz tiefe Löcher gegraben und dadrüber Blätter gemacht und sind dann reingefallen, vielleicht bis zum Erdkern. Oder sie haben sich ausgestreckt so weit sie konnten und dann hat das Weltall sie aufgesaugt und jetzt sind sie alle weg."

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David im Restaurant: Ich will Hühnerschnipsel!
(Wiener Schnitzel)

...

Confabula di te laggiù qualcuno:
l'ineluttabile a distesa
dei grilli e la stellata
prateria delle tenebre.

Non ti vuole ti espatria
si libera di te
rifiuto dei rifiuti
la maestà della notte.

(Vittorio Sereni)

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