Mittwoch, 17. August 2005

neighbourhood

Nachdenken über Nachbarschaften. Neulich ein Notfall, ein kleiner, so kleiner Zwillingsfuß landet zwischen den Speichen meines Hinterrades, der andere Zwilling saß auf der Stange vor mir. Ich sehe ein sehr dickes kleines blutiges Fußgelenk und schiebe geschockt in die Rettungsstelle Fröbelstrasse. Dort ist wenig los, der andere Zwilling fragt die ganze Zeit weiter, über das Wesen von Fahrradspeichen, Krankenhäusern und Verletzungen. Die Ärztin dort will lieber röntgen und schickt uns ins Krankenhaus Friedrichshain (Da fahrt ihr dann mit dem Taxi hin, anderer Zwilling: Wir haben aber kein Taxi). Ich rechne kurz Taxi ihn und zurück aus und erwähne mein Auto. Ärztin: Ach, holen sie es doch schnell, ich pass auf ihre Kinder auf solange. Dann, zu den Kindern: Hier hab ich Brausepulver und tolle Spritzen, ohne Nadeln, wollt ihr mich auch mal spritzen.... Der große Sohn ist bei einer anderen Mutter, die behält ihn noch eine Weile, eine andere Freundin kommt sofort zur Rettungsstelle und hilft ablenken. Der Große darf bei seinem Freund bleiben, trotz logistischen Problemen mit Schultaschen, Arbeitszeiten und Abendplänen, nichts davon wird auch nur erwähnt, einfach: klar, kein Problem.

Das ist Zuhause.

Als ich viel später mit einem zum Glück nicht schlimm verletzten Kind zurückkomme und es nicht einen Parkplatz noch gibt, stelle ich mein Auto vor dem einer Nachbarin ab, die mich einfach anrufen wird, wenn sie weg will. Und auf der Strasse, als das Kind schrie, kam eine Ladenbesitzerin raus mit Tüchern und Trost. Klar haben da auch Mobiltelefone ihre Notwendigkeit bewiesen, aber dieses Netz aus Menschen mit Ohren, Augen und Herz, das hatte ich woanders noch nicht. Über Kinder, über Alltag, über Verschiedenheiten, was sind wir alle verschieden in Geschichten, Plänen, Berufen und Musikgeschmack, wie nebensächlich kann das werden, wie spannend, wenn man ausgeht und nach den Kinder-Sachen (und hey ihr, die ihr keine habt, stellt euch ein Gespräch vor über die beste Musik mit einem, der diese Musik macht) spricht man über Beruf und Geld und Lieben und nirgend wo ist Sicherheit, natürlich, aber wie süß diese ganzen jungen Männer im Eka, mit ihren schicken roten Pullovern und den Schlamperfönfrisuren, und diese Mädchen überall, alles voller Mädchen, und es ist keine Überlegenheit dabei, wenn man dann lächeln muss, nur dieser feste Grund, auf dem man steht, von dem man weitergehen kann.

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Trackbacks zu diesem Beitrag

MamasAtWorkLog.twoday.net - 20. August, 11:08

Kinder im Paralleluniversum Mensch

Wir alle leben in parallelen Wahrnehmungsuniversen,... [weiter]
fabbione - 18. August, 14:07

wow - mitten im weltjugendtag - ferragosto - sauregurkenzeit - sommerloch mit abstand das herzerwärmendste, was heute zu erbloggrollen war - touché, frau rezeptionistin !

Casino - 18. August, 17:48

Danke, Fabio, es war ein verrückter Nachmittag, der ganz überraschend viel mehr gute als schlechte Gefühle hinterlassen hat, und ferragosto! Genau! Hab ich total vergessen. Sommerwende, ab da nur noch Herbstmode in den Beilagen, Feuerwerk und Eis.

kid37 - 21. August, 00:59

In der Tat. Das ist zuhause. Sich verlassen können. Oder überrascht werden mit Zuverlässigkeit.


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