angelweide

...

die verblüffung, wenn das tagwerk definitiv nicht mehr durchzukriegen ist, weil der tag erledigungstechnisch praktisch rum ist. die inner list wie eine art fremdsprache, durch die man durchkommt, ohne alles mitzubekommen.

dann wg übersicht die liste mal angucken: sie ist ja gar nicht schlimm. tannenbaum, einpacken, essen planen, putzen, arbeiten. das hat mich jetzt echt überrascht. den stress kann man abduschen.

ich könnte eigentlich noch bisschen klavier üben. neulich konnte ein gast vom blatt die ganzen weihnachtslieder spielen, das war cool, in einem tempo, dass man mitsingen konnte. ich würde das gerne auch mal gekonnt haben.

meine wohnung hat olfaktorische und auditive autobahnen, beide einspurig. geruch zieht von der küche komplett unangetastet ins ehemalige hintere zimmer. klang oder krach kommen aber immer in die küche, und bleiben da.

gegen kinder-cds, die gar nicht mehr gehen (vita spericolata): einfach eigene auflegen. bin ich einfach nicht drauf gekommen, erstmal das alte zeug, das sozusagen melodisch für kinderohren nachvollziehbar bleibt.

...

die zarte frage, ob man nicht doch schon alles hatte, neue suchwörter dafür finden, die themenbäume runter denken bis man bei den einzelheiten landet, nicht mal abende oder nächte, sondern dinge: lebkuchen. (blutzucker absolut perfekt trotz lebkuchen, die ich noch oben auf den see gepackt hatte, nach der pasta, that's something)

...

also was genau ist eigentlich das bindeglied zwischen zb der lust auf jemanden, mit all dem visuellen brimborium, den blicken, den fragezeichen, den routinierten nichtsprachlichen 70%, den sofort verstehbaren neins oder jeins, der phantasie, und dem stillen grummelnden bedürfnis, das tief im körper wohnt, dem organischen ende, das immer da ist, nicht an personen oder gesichter gebunden?

...

das misstrauen bei komplimenten ist ein leichtfüßiges kleines etwas, es stört nicht weiter ("mind the gap")

...

I ain't no monkey

das lied im zug gesummt, während ein kind den wagen vollgekotzt hat, das andere die brote nicht mag, das dritte purzelbaum versucht mit den füßen im gesicht von passagier xy, den ich kurz später kennengelernt habe. wie dieser raum im kopf in all den jahren nicht verschwunden ist, mit leicht schwingenden salontüren, komm rein, hör musik, wenn du die letzten taschentücher für die letzte kotze benutzt hast und keine mehr da sind, hol dir neues papier aus dem ice-wc, yeye

regen und traufe

027

mein alter freund, nein, sagen wir mein inzwischen entfernter bekannter matteo fuhr in den frühen achtzigern einen ami 8, an dem er schon aus finanziellen gründen sehr hing. er wäre den wagen wohl nicht mehr losgeworden, man kann also sagen, der wagen hing auch an ihm. das auto war etwas eigen geworden mit den jahren, soweit wir wußten, hatte es seine lichtmaschine oder sowas ähnliches schon vor vielen wintern verloren, oder ist das ein lebenswichtiges autoorgan? na jedenfalls fehlten alle teile, die für das fahren nicht zwingend notwendig waren, denn matteo sah keinen anlass, diese teile zu ersetzen. die bordbeleuchtung ging nicht mehr gut, also sie ging nicht mehr an, was den inhaber jedesmal aufs neue wunderte, "sie gehen nicht an!" sagte er dann, und nicht: "sie sind kaputt", eine art höflichkeit der alten dame gegenüber, immerhin verwandt mit der DS, und lange beziehungen brauchen ja hoffnung.

aber was das auto deutlicher kennzeichnete, war der verlust sämtlicher vorwärtsgänge. deswegen vermisste matteo die scheibenwischer nicht, was ein vorteil war, weil der ami keine mehr hatte, und außerdem waren die scheinwerfer vorne nicht so nötig, weil er gar nicht vorwärts fahren konnte, sondern nur rollen, also nur bergab rollen. der lebensraum der beiden, fahrer und wagen, waren die vielen eher unbefestigten bergwege um den lago maggiore, steil und steinig und mit brombeeren verwachsen, dafür weitestgehend ohne gegenverkehr, den touris nicht bekannt, und die SUVs sind meistens zu dick für diese kleinen strassen.

sein ami wurde trotz seiner großen behinderungen für transporte in die cascina (sowas in ganz winzig) benutzt, er musste eigentlich immer nur zum drehen kurz auf öffentliche strassen. matteo pflegte dafür kurz auszusteigen, die fahrbahn zu checken, wiedereinzusteigen und er beeilte sich dann auch beim manöver, soweit es eben ging mit dem ami-wendekreis. an diesem sommertag war der wagen voll, wir wollten mit wein und essen in die berghütte fahren und hatten nur dieses kurze winzige stückchen vom geschäft bis in die abzweigung am waldrand, vielleicht 200 meter, aber matteo fuhr sie auf der falschen seite der fahrbahn, also er fuhr auf falscher seite rückwärts geradeaus, weil es für ihn ja vorwärts war, was die carabinieri sehr verwunderte. man wusste im ami nie, wo man hingucken sollte, nach vorne oder hinten, und wo relativ zur welt vorne oder hinten gerade waren, und wir hatten die herren in blau vollkommen übersehen, was eine kunst gewesen sein muss.

"was tun sie denn da?" fragten sie den fahrer. meine schwester sagte in die große stille nach der frage hinein, wir hätten etwas verloren auf der fahrbahn, also auf der falschen seite der fahrbahn, und um im falle von verkehr gleich wieder weiterfahren zu können, hätten wir einfach kurz zurückgesetzt, aber dann setzte sie noch hinterher, und danach kippte die stimmung auf staatlicher seite: "ha capito o vuole che ripeti?" (haben sie verstanden, oder soll ich es wiederholen?) die frage klang leicht missverständlich und war absolut angemessen, und wir hätten uns beherrschen sollen, aber wir haben es nicht sehr gut geschafft. daraufhin untersuchten die beamten uns und den wagen sehr gründlich nach drogen, und gottlob war genug unterm sitz für jeden von ihnen. die männer, kaum älter als wir, sind dann mit dem stoff nach generischen macht- und drohgebärden und dem ausfüllen der formulare schnell wieder verschwunden, und wir konnten unsere fahrt fortsetzen. wir haben natürlich nie wieder was gehört von unserem speziellen proviant, er muss sich in rauch aufgelöst haben, das war eine gängige praxis damals.

danach, in der cascina, haben wir feigen geerntet von einem riesigen baum, zu wein und sonnenuntergang, ich glaube es hat einen grund, die jugend zu idealisieren: sie war schon gut.

ps: ehrlich gesagt hab ich das schon im juni geschrieben, aber ich hatte den namen des autos vergessen und wollte nicht immer "das auto" schreiben. dann ist es mir beim letzten aquariumbesuch wieder eingefallen, weil der arapaima unter den fischen genauso eine merkwürdige form hat wie der ami unter den autos, man muss den fisch nur umdrehen dazu, dann wußte ich wieder, warum mir das umdrehen eingefallen ist im zusammenhang mit dem auto. na, und vorhin stand einer hier im viertel, und er war netterweise beschriftet. mein hirn ist unsortiert.

wochenenden, die zu lang sind.

eine präsentation, nach der mein chef verschwindet ohne ein wort. am nächsten tag ein anderer mann, der mich runterputzt und über meine zeit zu verfügen versucht. ein nächtlicher anruf von wieder jemand anderem, bei dem ich 60 minuten lang angefaucht werde. da kommt man dann eher verdattert im montag an und fragt sich nach gründen! alles selber gemacht? missgunst geangelt? niederlagen erarbeitet?

ja. nein. ja nein. ja. nein. ja. nein. ja, nein. ja. nein. ja. nein. ja. nein. ja. nein.

...

der erste gast sein, um 12 uhr mittags. der wirt läuft geschäftig herum, seine kleine tochter auf dem arm. als er plötzlich stehen bleibt, um sich meine bestellung anzuhören, gucke ich ihm versehentlich zu tief in die augen, aus reiner entspannter offenheit. er hat blaue augen und wirkt nicht wie der chef des ladens, aber was weiß ich schon, und er holt mir croissants, vom bäcker. das wlan-netz heißt liebling, das cafe vielleicht auch? kein plüsch, keine kerzen, hell und leer. johnny cash. mein neuer wahlort, wenn die baustelle brüllt und die staubwolke staubt, dann muss ich nur um eine einzige ecke gehen, das finde ich angemessen. diese geschäftszeiten! die blauen augen! die leere am mittag!

...

man kann auch das nummernverzeichnis im handy mal durchgehen, den arcor-kundendienst löschen, eine große anzahl von männern heißen christian, martin oder thomas, bei den frauen habe ich überduchschnittlich viele antjes und martinas. es gibt zwischen denen, die mir noch bekannt sind, nicht eine einzige gemeinsamkeit außer dem namen, überhaupt trifft das auf den ganzen freundeskreis zu, dass er eigentlich kein kreis ist sondern ein sammelsurium von sozialen netzen, die sich nur auf parties gelegentlich begegnen. ich rufe die inzwischen unbekannten nur-vornamen antjes an, eine ist eine frau, die im rl sieze und nur mit ihrem nachnamen anspreche, eine andere weiß auch nicht mehr, wer ich bin. das wäre ein filmanfang, frau allein im büro sitzend ruft telefonnummern an, die sie sich mal gemerkt hat, dann kann der film ein drama werden (man hört wüste beschimpfungen in der leitung, oder einen autounfall), eine sci-fi-geschichte (mit der alten nummer in eine alte zeit anrufen, unbedingt statisches knackseln) oder eine komödie (total genervter geschäftsmann, dem der anruf ein geschäft vermasselt hat, worauf sein leben einen anderen lauf nimmt), ob man ein und denselben plot wohl als komödie und als drama schreiben kann?

oder einen film, der nur durch zufälle gelenkt wird.

wenn ich sagen sollte, was mir jetzt wirklich fehlt, dann wäre das ein sonnenschirm, sand, meer und gutes wetter und die aussicht auf einen teller carpaccio di mare (das hat mich so beeindruckt am meer, das erzähle ich allen immer wieder, sogar mir selber) mit schwertfisch.

...

"unermüdlich treppauf-treppab springende celli, und von oben winkt huldvoll, ruhig und vom treiben im keller gänzlich unberührt der sopran herab, aber der bass verspricht mir schönheit und hingabe" bwv 80

in diesem alten tagebuch steht unter anderem auch, dass ich diese arie einmal einen tag lang gehört habe, und beim wiederhören ist der zauber gleich wieder da, wobei mein sopranbild hier etwas tantenhaftes dazubekommen hat, in der ganzen unnahbaren und inzwischen tragischerweise schon selber ausgefüllten lebensform tante, die vielen lebensformen immer, tanten sind die mit den ratschlägen und den zigaretten.

ansonsten war der tagebuchtag damals durchdrungen von männern, dann habe ich gedacht, wieviel jünger ist glamourdick zb als ich, dass er soviel mehr sex hat? nee, gell, das kann es nicht sein. in dieser besonderen stimmung zwischen barmherzigkeit mit mir selber und nervöser kampfbereitschaft erwischt mich der cellospott wieder genau da, wo ich ihn früher hatte, ein stupsen und treten als teppich, auf den ich mich legen werde, wenn liegen angesagt ist, unter der großen höhensonne, ach bassisten, ihr könnt mich mal.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Status

Online seit 7347 Tagen

Archiv

April 2025
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 1 
 2 
 3 
 4 
 5 
 6 
 7 
 8 
 9 
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
 
 
 
 
 
 
 

Kontakt

h.mama(at)web.de

Wo, was, wer?

 

Credits

RSS Box

   

(beloved love)
(missing tug)
angelweide
beliebigkeitsbloggen
blogger in der welt
dog alert
first date speeches
futilità
glück
herbst!
i need a hug
keine theorie
kleine geschenke
kosmische Ballistik
last date speeches
Pastawartezeit
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren