Dienstag, 20. Juni 2006

hell

Und wie sie sausen durch die Tage diese kleinen Kinder immer, alles Bewegung, alles laut polterndes Urvertrauen. Wir sitzen in der Sofainterneteckkneipe, mein Hals über Eck weil die Leinwand eben so hängt, ich sehe die anderen Besucher als einen indistinkten bunten Haufen mit vielen Wärmeflecken drin: Alles Bekannte. Nachbarn, Fastfreunde, Eltern, Spielplatzkumpel, wir geben uns die Karte über die Köpfe der anderen hinweg und trinken Weizen und alkfreies Bier und Fanta, die Kinder transfundieren munter zwischen drinnen und draussen hin und her und verfolgen ihre dringenden Ziele dabei. Überall Menschen, aufstehn und hinsetzen, Tor. Gekicher und Gebrüll, alle lachen. Es gibt Falafel und Scharwarma von nebenan, ich merke wieder mal eher widerwillig, dass mich die Fahnen gar nicht wirklich doll stören, das stören will nicht unter die Oberfläche sozusagen, auch L.’s Papa neben mir ist kein Nationalist vermutlich, bin einfach zu grundentspannt für die Bedeutung hinten am Zeichen dran, es ist wie es ist –

(...und es ist fürchterlich, kommt dabei immer hinterher als Jahnn-Echo, ein stets zu dickes Ende, bei dem ich dann sofort sentimental werde und an die dicken schönen nur teilweise geklauten Hoffmann und Campe -Schinken im Regal denke. Ich liebe Dünndruck. Muss was gegen das Sentimentale unternehmen, es ist so eine fröhliche S., keine nebelhafte, ein Wiederfinden, aber natürlich mit Schotten dicht. Nicht förderlich.)

– der Vater jedenfalls hat sich die deutsche Fahne auf die Backen gemalt und hat ein Hemd dazu an, ich denke über seine sonstigen täglichen Anzüge nach, immer in der Farbe neuerer Autolackierungen, genau: Grau mit Grünmetallic oder Rosè, der Hammer, das freut mich immer morgens. Mir fällt meine Nationalität gar nicht ein, wenn ich ihn mir so angucke, ich sehe eher sein symbiotisches Eintauchen ins Genus Fussballfan, das mich amüsiert, sein alles-oder-nichts, die Show dabei, das Wochenendhafte an einem sunny Dienstag. Er muss sich umgezogen haben für das Spiel, und das ich das weiß, weil ich ihn etwas kenne, das schafft Zuhause.

Stunden später erkenne ich das Bekannte an dieser Athmo, wie immer im Sommer ist der süße Süden in seinen feinmotorischen und mikrosozialen Mustern, also nur im Subkutanen, wieder näher: Der Umgang miteinand, das Ich/Welt-Dingens hat sich verschoben, es fehlt etwas konstitutives: Keine Gräben heute, keine Verteidigungslinien, kein die Haut dünn machender Approbationsmechanismus immer, der auch die kapillaren Frontverläufe noch genau zu verteidigen weiß, schon als Vorwegnahme. Ich seh diese, äh: Vorgänge (feeling sehr cosy Privatsprache grade) immer als kleine tatsächliche Kampfmaschinchen, mit winzigen Heeren und kleinen Generälen, die schrille winzige Befehlchen erteilen, so mikroskopisch, das man sie nur ein bisschen spürt, als kleinen Druck auf der Epidermis. Sowas. Bei mir ist dieser Druck immer sofort weg, wenn ich in Italien aus dem Reisegefährt steige, was ich als Beweis für seine Existenz gelten lassen kann in meinem privaten Leben, andrerseits bin ich in einem gefährlich nachlässigen Lebensabschnitt (ich sag jetzt nie mehr: Alter), wo ich meinen Balkon sehr liebe und mich überhaupt über Kleinigkeiten gut freuen kann.

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