Kuckuck in Juninächten

In der Schlange vor der Kasse die Herren in Anzug und Krawatte in Ausgehlaune, das es überschwappte, wir bekommen handgeschriebene Karten, weil der Computer kaputt ist, das Haus voll bis auf den letzten Platz, das Summen vor Beginn, vor uns junge Franzosen mit Kicheranfall. Die Coriolanus-Ouvertüre wollte ich mir sofort besorgen, das geht mir fast immer so in der Philarmonie, der Live-Zauber wirkt, aber noch während dem Schlussatz des letzten Programmpunktes gemerkt: Es ist der Dirigent. Herr Poschner, der mit chaplinesker Anmut die Musik untertitelt hat (wie eine Gehörlosen-Version war das, man musste ihm nur zusehen und verstand alles) und der selbst son bekannntes und für mich unspannendes Musikstück wie die erste Sinfonie lebendig und vibrierend gemacht hat, man hörte ganz atemlos zu. Der ist gut, der Poschner, und er hatte gute Laune gestern. (Na gut, eitel isser auch. Auf seiner Seite zuallererst ein Eigenlob, von der Berliner Morgenpost, das macht einen schon nachdenklich)

Mit zuen Augen sitzt man da und denkt raus, ins Freie, den Berg wieder rauf, über Häuser und gucken, neu anfangen mit allem, was einen hält, später loungen wir in der Hotelbar und spotten schon wieder über diese Falltüren immer, und bemerken once again with a smile die großen Ähnlichkeiten überall, in den Geschichten, wir alle in den gleichen Seilen verknäult, der Fehlerquotient, die Fallpauschale, das kleine Funkeln im Campariorange. Rabarber. Nutzt nüscht.

L-Wort

Gestern das L-Wort geguckt, am Rechner (eye-tv, gefährlich, gefährlich), während ich abwechselnd genervt und extrem genervt versucht habe, eine dämliche vob-Datei verlustfrei in ein schneidbares Format zu konvertieren.

Im L-Wort lauter schöne Frauen, die sich unaufhörlich küssen und in jedem noch so gut besuchten Restaurant sofort auf die Toilette gehen, um dort schlüpfrige Dinge zu versuchen, und man ist dann auch fast erleichtert, weil das die Dialoge reduziert. Überhaupt die Drehbuchschreiber (-innen? Nee, oder?)! Konnten ihre Aufmerksamkeit keine 2 Filmminuten lang vom Sex-Thema fernhalten, andererseits finde ich den Gedanken beruhigend, dass zumindest eine Bevölkerungsgruppe noch ausreichend Spass hat. Mit Salsakursmusik im Hintergrund und naked bosoms im Vordergrund! So haben sich das die pubertierenden heterosexuellen Provinzjünglinge immer dann vorgestellt, wenn für komplexere Phantasien grad keine Zeit war.
Wenn die Schönheiten Gespräche führen, dann über Beziehungen, ich meine, niemand redet ständig über Beziehungen heutzutage, besonders nicht in dem dann doch charmanten Tonfall anzüglich zickig. Ich konnte die ganze Zeit den Produzenten im Hintergrund sehen, korrekturlesend, über sechzig, Republikaner, sich freuend, dass er endlich einen pc-Mantel für seine seit 1960 nicht mehr hinterfragten Vorstellungen von der Frauenliebe hat. (Alles nur Neid, zu mir war ja seit Jahren keiner mehr anzüglich oder auch nur zicksch)(Aber trotzdem guck ich das nicht mehr, ist zu doof)

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