Wenn ich mir die dort versammelten Blogs aber so anschaue, dann atmen die meisten dort aber sehr sehr schwer Germanistik. Wenn das das dortige Kriterium für Literatur sein sollte, finde ich, kann man gut verzichten.
stimmt, die mischung ist leicht abschüssig und trägt, naja, ältere kamelhaarmäntel. aber sie haben mek, das rettet sie, finde ich. (ist ein bisschen fuchs und trauben, bei mir. und nur bei blogs entscheiden ja leser, ob sie was mögen, bei literatur sind es immer, immer germanisten, oder nicht?)
goncourt (Gast) - 21. November, 02:36
Oh, nichts gegen Germanisten. Irgendwer muss Grass doch wenigstens leiden mögen.
goncourt (Gast) - 21. November, 12:00
PS, nochmal im Ernst: mich nervt der Begriff "literarisches Weblog" schon wegen dem Begriff "literarisch", also der Behauptung, "Literatur" zu präsentieren*. Man denkt sich immer sofort einen 3Sat-Moderator dazu. Vielleicht der Grund, warum ich das Wort "Literatur" insgesamt seltener benutzt habe in letzter Zeit, es sei denn im eher technischen Sinne.
* keineswegs, weil das irgendwas Anmaßendes hätte, sondern weil damit sofort verkündet wird, mit welcher Rezeptionshaltung man irgendwas lesen soll ("Achtung, jetzt kommt ein literarischer Kartong"), das Frei-Flottieren, Definitionslose, was für mich mal die Stärke von Weblogs war, geht dabei völlig verschütt, Literatur dagegen ist mir relativ egal.
ich hatte das gar nicht so verstanden, dass die weblogs un den käfig sollen, sondern dass die literatur da raus darf. literatur ist ihnen relativ egal? das hätte ich nicht gedacht. als begriff, wegen hinfälligkeit? oder haben sie einen eigenen entwickelt? (neugierde)
goncourt (Gast) - 23. November, 17:53
Literatur ist natürlich okay als Hilfsbegriff ("Belletristik"), aber sobald es spannend wird, stört er nur noch. Übrigens nichts gegen Gattungen ("Roman"), aber wie spannend ist es, eine Gattung eben nicht im Rahmen von "Literatur" wahrzunehmen: ich habe eine Zeitlang "Die Wahlverwandschaften" und "Das kommunistische Manifest" gegengelesen, das ging, aber eben nicht im Rahmen von Literatur, sondern von radikaler Setzung, von Aufregung, von gegeneinander gesetzten Stimmen; dann, anderes Beispiel, wann weiß man schon, wann Robert Walser noch einen Roman schreibt, wann er nicht einfach nur noch spricht?
Was mich (auf wahrscheinlich eher alberne Weise) stört, ist dieses nicht wegzuschiebende Sprachspiel: "Ich nehme jetzt Literatur zu mir", und dann lese ich halt was aus dem Belletristik-Fach, statt mich an einem Buch über die Ausbildung zum Butler zu vergreifen; schließlich ist doch beides Schrift auf Papier und Sprache, ist irgendwas: es ist halt gerade da. Das Sprachspiel "Literatur" wirkt viel zu früh schon viel zu verknastert, da gibt es dann Lesegruppen (nichts gegen Lesegruppen, das ist nur ein bisschen Herumgepöbel von mir), und was als "literarische Geschenkartikel" mitverhökert wird, ist auch gleich stilecht mit Bleistiftzeichnungsreproduktionen versehen, weil es anders wie ein Schulbuch oder ein Goldmann-Ratgeber aussehen könnte, ach.
Wenn ich sagen würde: ich lese diesen Aufsatz über meteorologische Phänomene gern, weil ich von der Sprache fasziniert bin, wie ich übrigens auch mal vom Manufactum-Katalog fasziniert war (da bin ich inzwischen drüber weg) oder von einem, ich komme nicht mehr auf den Namen, irgendeinem Modekatalog für rüschenversessene Seniorinnen, dann würde ich diese Erfahrung in dem Moment entwerten, wo ich sie aus dem Literaturbegriff ausklammere; umgekehrt würde ich das "kommunistische Manifest" verharmlosen, wenn ich es aus seinem außerliterarischen Bereich in die Literatur hineinzwänge, ich läse halt Literatur, nicht ein Manifest.
Aber das ist sicher alles falsch, genauso wie ein Rant gegen Germanisten. Ich kenne nette Germanisten.
goncourt (Gast) - 23. November, 17:57
(Ja, wenn ich es mir überlege, ist es vielleicht diese hässliche Distinktion, die man mit dem Begriff Literatur ziehen kann.)
* keineswegs, weil das irgendwas Anmaßendes hätte, sondern weil damit sofort verkündet wird, mit welcher Rezeptionshaltung man irgendwas lesen soll ("Achtung, jetzt kommt ein literarischer Kartong"), das Frei-Flottieren, Definitionslose, was für mich mal die Stärke von Weblogs war, geht dabei völlig verschütt, Literatur dagegen ist mir relativ egal.
Was mich (auf wahrscheinlich eher alberne Weise) stört, ist dieses nicht wegzuschiebende Sprachspiel: "Ich nehme jetzt Literatur zu mir", und dann lese ich halt was aus dem Belletristik-Fach, statt mich an einem Buch über die Ausbildung zum Butler zu vergreifen; schließlich ist doch beides Schrift auf Papier und Sprache, ist irgendwas: es ist halt gerade da. Das Sprachspiel "Literatur" wirkt viel zu früh schon viel zu verknastert, da gibt es dann Lesegruppen (nichts gegen Lesegruppen, das ist nur ein bisschen Herumgepöbel von mir), und was als "literarische Geschenkartikel" mitverhökert wird, ist auch gleich stilecht mit Bleistiftzeichnungsreproduktionen versehen, weil es anders wie ein Schulbuch oder ein Goldmann-Ratgeber aussehen könnte, ach.
Wenn ich sagen würde: ich lese diesen Aufsatz über meteorologische Phänomene gern, weil ich von der Sprache fasziniert bin, wie ich übrigens auch mal vom Manufactum-Katalog fasziniert war (da bin ich inzwischen drüber weg) oder von einem, ich komme nicht mehr auf den Namen, irgendeinem Modekatalog für rüschenversessene Seniorinnen, dann würde ich diese Erfahrung in dem Moment entwerten, wo ich sie aus dem Literaturbegriff ausklammere; umgekehrt würde ich das "kommunistische Manifest" verharmlosen, wenn ich es aus seinem außerliterarischen Bereich in die Literatur hineinzwänge, ich läse halt Literatur, nicht ein Manifest.
Aber das ist sicher alles falsch, genauso wie ein Rant gegen Germanisten. Ich kenne nette Germanisten.