Hirschhorntalg
(der klavierbauer, aus dem pianosalon ausgeliehen, der mir fast vier stunden lang mein altes geerbtes seiler-klavier von 1911 bearbeitet. david schreit auf, als er das instrument ohne gehäusedeckel sieht, der mann erklärt und erklärt. später, als die kinder im bett und die küche gemacht ist und ich in ruhe den tag habe auswirbeln lassen, setze ich mich davor und schau ihm zu.
er erzählt von einem genialen kollegen in westberlin, aber was macht einen stimmer genial, will ich wissen, na der hört das ganze instrument, sagt er, der weiß sofort, was ein klavier hat und woran es liegt. von dem habe er gelernt, das instrument zu erkennen, seinen stil und charakter, und nicht darüber hinwegzustimmen. das hilft auch dabei, die pianisten zu verstehen, die können das nicht immer beschreiben, das muss man so heraushören, was die wollen, sagt er.
nach dem stimmen stört ihn, dass eins der pedale einen knarzton auslöst beim treten. er holt die mechanik wieder raus, legt sie auf den boden und sucht den ursprung des geräuschs, hinter den federn, und fängt an, die dämpferfedern einzeln mit hirschhorntalg zu schmieren. Wie oft man das tun sollte, frage ich, wie immer fasziniert von mechaniken und mechanikern. ein oder zweimal in so einem klavierleben, sagt er, und ich freue mich für mein klavier, hole mir neue taschentücher, totale erkältung, und frage ihn weiter. als das knarzen bleibt, baut er noch die abhebestange aus, die den pedaldruck an die federn und die dämpfer weitergibt, fettet sie und baut sie wieder ein, und es ist still. na, das wars doch, sagt er. beim arbeiten ist ihm keine einzige schraube (zum lösen der stange) herunter gefallen, er unterhält sich bei der suche nach der problemlösung und spricht dabei von flügeln, die er kennt. bei dem brahms am samstag sei einer der beiden alten instrumente, den er vor dem konzert noch hochgezogen hat, wieder runtergekommen, das könne man nicht planen, im zweiten satz, ob ich das gehört hätte, es habe sphärisch geklungen, oder so ähnlich hat er es formuliert. hab ich nicht gehört. nein? fragt er und guckt mich ganz kurz von schräg unten an. ja, den brahms, er hätte den auch gern, aber er weiß auch nicht, ob es eine einspielung gibt davon, das war schon schön.
das einsetzen der mechanik, 2 schrauben nur, dauert eine halbe minute. mein klavier klingt ungelogen jahre jünger, viel kompakter und frischer, klarer, ich bin ganz neu verliebt. ein gutes klavier, meint der mann. ein guter stimmer auch, glaub ich.)
er erzählt von einem genialen kollegen in westberlin, aber was macht einen stimmer genial, will ich wissen, na der hört das ganze instrument, sagt er, der weiß sofort, was ein klavier hat und woran es liegt. von dem habe er gelernt, das instrument zu erkennen, seinen stil und charakter, und nicht darüber hinwegzustimmen. das hilft auch dabei, die pianisten zu verstehen, die können das nicht immer beschreiben, das muss man so heraushören, was die wollen, sagt er.
nach dem stimmen stört ihn, dass eins der pedale einen knarzton auslöst beim treten. er holt die mechanik wieder raus, legt sie auf den boden und sucht den ursprung des geräuschs, hinter den federn, und fängt an, die dämpferfedern einzeln mit hirschhorntalg zu schmieren. Wie oft man das tun sollte, frage ich, wie immer fasziniert von mechaniken und mechanikern. ein oder zweimal in so einem klavierleben, sagt er, und ich freue mich für mein klavier, hole mir neue taschentücher, totale erkältung, und frage ihn weiter. als das knarzen bleibt, baut er noch die abhebestange aus, die den pedaldruck an die federn und die dämpfer weitergibt, fettet sie und baut sie wieder ein, und es ist still. na, das wars doch, sagt er. beim arbeiten ist ihm keine einzige schraube (zum lösen der stange) herunter gefallen, er unterhält sich bei der suche nach der problemlösung und spricht dabei von flügeln, die er kennt. bei dem brahms am samstag sei einer der beiden alten instrumente, den er vor dem konzert noch hochgezogen hat, wieder runtergekommen, das könne man nicht planen, im zweiten satz, ob ich das gehört hätte, es habe sphärisch geklungen, oder so ähnlich hat er es formuliert. hab ich nicht gehört. nein? fragt er und guckt mich ganz kurz von schräg unten an. ja, den brahms, er hätte den auch gern, aber er weiß auch nicht, ob es eine einspielung gibt davon, das war schon schön.
das einsetzen der mechanik, 2 schrauben nur, dauert eine halbe minute. mein klavier klingt ungelogen jahre jünger, viel kompakter und frischer, klarer, ich bin ganz neu verliebt. ein gutes klavier, meint der mann. ein guter stimmer auch, glaub ich.)