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parfum nur noch, wenn ich allein bleibe am tag, wegen der aufdringlichkeit, als ob das schwächt, der griff zum duft, auf ein bedürfnis hinweist, wo keins sein soll, einen akzent setzt, den niemand sehen will, der sich aber in die nase schlingelt*. zur therapie dieser ärgerlich protestantischen vemeidung von sinnlichen akzenten benutze ich parfum jetzt täglich, gleich früh am morgen, dann ist es bis zum abend nur noch eine note und ich freu mich dran. man muss der mutter aller schlachten zeit ja nicht vorauseilen, gell, das wäre albern und pathetisch. außerdem aus den ecken gekramt: zu kurze röcke, tiefe ausschnitte, enge pullover. kurven ans licht. das meiste am selbstbild macht man selber. im november? egal.


*"schlingelpflanze" heißt ein frühes lieblingsspiel der kinder, wo man sie festhalten und dabei kitzeln muss.

regen und traufe

027

mein alter freund, nein, sagen wir mein inzwischen entfernter bekannter matteo fuhr in den frühen achtzigern einen ami 8, an dem er schon aus finanziellen gründen sehr hing. er wäre den wagen wohl nicht mehr losgeworden, man kann also sagen, der wagen hing auch an ihm. das auto war etwas eigen geworden mit den jahren, soweit wir wußten, hatte es seine lichtmaschine oder sowas ähnliches schon vor vielen wintern verloren, oder ist das ein lebenswichtiges autoorgan? na jedenfalls fehlten alle teile, die für das fahren nicht zwingend notwendig waren, denn matteo sah keinen anlass, diese teile zu ersetzen. die bordbeleuchtung ging nicht mehr gut, also sie ging nicht mehr an, was den inhaber jedesmal aufs neue wunderte, "sie gehen nicht an!" sagte er dann, und nicht: "sie sind kaputt", eine art höflichkeit der alten dame gegenüber, immerhin verwandt mit der DS, und lange beziehungen brauchen ja hoffnung.

aber was das auto deutlicher kennzeichnete, war der verlust sämtlicher vorwärtsgänge. deswegen vermisste matteo die scheibenwischer nicht, was ein vorteil war, weil der ami keine mehr hatte, und außerdem waren die scheinwerfer vorne nicht so nötig, weil er gar nicht vorwärts fahren konnte, sondern nur rollen, also nur bergab rollen. der lebensraum der beiden, fahrer und wagen, waren die vielen eher unbefestigten bergwege um den lago maggiore, steil und steinig und mit brombeeren verwachsen, dafür weitestgehend ohne gegenverkehr, den touris nicht bekannt, und die SUVs sind meistens zu dick für diese kleinen strassen.

sein ami wurde trotz seiner großen behinderungen für transporte in die cascina (sowas in ganz winzig) benutzt, er musste eigentlich immer nur zum drehen kurz auf öffentliche strassen. matteo pflegte dafür kurz auszusteigen, die fahrbahn zu checken, wiedereinzusteigen und er beeilte sich dann auch beim manöver, soweit es eben ging mit dem ami-wendekreis. an diesem sommertag war der wagen voll, wir wollten mit wein und essen in die berghütte fahren und hatten nur dieses kurze winzige stückchen vom geschäft bis in die abzweigung am waldrand, vielleicht 200 meter, aber matteo fuhr sie auf der falschen seite der fahrbahn, also er fuhr auf falscher seite rückwärts geradeaus, weil es für ihn ja vorwärts war, was die carabinieri sehr verwunderte. man wusste im ami nie, wo man hingucken sollte, nach vorne oder hinten, und wo relativ zur welt vorne oder hinten gerade waren, und wir hatten die herren in blau vollkommen übersehen, was eine kunst gewesen sein muss.

"was tun sie denn da?" fragten sie den fahrer. meine schwester sagte in die große stille nach der frage hinein, wir hätten etwas verloren auf der fahrbahn, also auf der falschen seite der fahrbahn, und um im falle von verkehr gleich wieder weiterfahren zu können, hätten wir einfach kurz zurückgesetzt, aber dann setzte sie noch hinterher, und danach kippte die stimmung auf staatlicher seite: "ha capito o vuole che ripeti?" (haben sie verstanden, oder soll ich es wiederholen?) die frage klang leicht missverständlich und war absolut angemessen, und wir hätten uns beherrschen sollen, aber wir haben es nicht sehr gut geschafft. daraufhin untersuchten die beamten uns und den wagen sehr gründlich nach drogen, und gottlob war genug unterm sitz für jeden von ihnen. die männer, kaum älter als wir, sind dann mit dem stoff nach generischen macht- und drohgebärden und dem ausfüllen der formulare schnell wieder verschwunden, und wir konnten unsere fahrt fortsetzen. wir haben natürlich nie wieder was gehört von unserem speziellen proviant, er muss sich in rauch aufgelöst haben, das war eine gängige praxis damals.

danach, in der cascina, haben wir feigen geerntet von einem riesigen baum, zu wein und sonnenuntergang, ich glaube es hat einen grund, die jugend zu idealisieren: sie war schon gut.

ps: ehrlich gesagt hab ich das schon im juni geschrieben, aber ich hatte den namen des autos vergessen und wollte nicht immer "das auto" schreiben. dann ist es mir beim letzten aquariumbesuch wieder eingefallen, weil der arapaima unter den fischen genauso eine merkwürdige form hat wie der ami unter den autos, man muss den fisch nur umdrehen dazu, dann wußte ich wieder, warum mir das umdrehen eingefallen ist im zusammenhang mit dem auto. na, und vorhin stand einer hier im viertel, und er war netterweise beschriftet. mein hirn ist unsortiert.

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